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Nachdem dieses Konzert schon mit 2 Jahren Vorlauf geplant war,
hätte ich doch beinahe die Flinte ins Korn geworfen. Ursprünglich
war es als Reunion-Konzert unserer alten Band "Old Ways" geplant. Nachdem
Jens, der Bandchef, abgesagt hatte, wurde dieses Projekt fraglich. Die Absage
von unserem Basser, Peter, nahm mir dann schon fast die Motivation. Zum
Glück blieb Uwe (genannt "Flatti"), der Mandolinen-, Flöten- und
E-Gitarren-Spieler,
am Ball und motivierte mich, die Sache durchzuziehen. Ich riss mich wieder
zusammen. Wir bereiteten das Konzert in wenigen Wochen vor. Wir stimmten die
Titelliste ab, probten drei Wochenenden, indem wir zwischen Landshut und
Berlin Sound-Dateien hin- und herschickten. Wir entschieden uns für eine
Mischung aus Akustik-Titeln, also nur mit reiner Gitarrenbegleitung, und
Titeln, die mit Sequenzer, vorher eingespielten Instrumentalspuren, und
Gitarren begleitet wurden.
Die endgültigen Absprachen gingen schnell über die Bühne.
Peter Cordes vom eWerk in Sassnitz erwies sich als unkomplizierter, freundlicher
und vor allem hilfsbereiter Ansprechpartner für das Projekt. Dem ganzen
Team dort schulde ich meinen Dank für die tolle Zusammenarbeit.
Unser alter Freund Jens (nicht der Bandchef, sondern unser "Raschi")
kümmerte sich um die Gestaltung eines Plakats.
Auch ihm an dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank für die tolle
Unterstützung und die gute Zusammenarbeit.
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Tagebucheintrag
Am Freitag fuhren mein alter Freund und Bandkollege Uwe, seine Frau und ich
nach Sassnitz. Ich hatte Lampenfieber wie schon lange nicht mehr. Am Nachmittag
begann der Aufbau. Das E-Werk in Sassnitz hatte uns die abgesprochenen Sachen
(Boxen, Mischpult, Endstufe und eine kleine Bühne) schon hingestellt. Uwe
stellte seine eigenen Boxen, sein Mischpult und die Monitorbox noch dazu. Meine
Skepsis wuchs. Diesen Saal hatte ich schon ohne Technik beschallt. War das nicht
zuviel. Da ich aber schon immer der Technikmuffel in der Band war, hielt ich mich
weitestgehend zurück. Einmal versuchte ich es, als die Boxen erstmal mit ein paar
Demotiteln liefen. Ich stellte mich hin, setzte eine Art Kennerblick auf und sagte
entschlossen: "Zuviele Mitten!" Uwe stellte sich neben mich, hörte kurz und
schüttelte den Kopf: "Nee, eher zuwenig Mitten!" Da hatte ich es wieder. Ich
nickte resignierend und murmelte: "Naja, ich geh dann mal die Klampfen stimmen."
Uwe lauschte noch immer dem Sound und entgegnete eher unkonzentriert: "Meine brauchste
nicht zu stimmen, die haben integrierte Stimmgeräte. Das mach ich dann live."
Nun war ich auch noch meiner Stammaufgabe beraubt. Ich fragte noch nach, ob ich irgend
etwas tun könne. Die entschlossene Antwort lautete: "Sieh mal zu, dass Dein Zeug
auf der Bühne steht". Der Aufbau der eigentlich wenigen Technik und die Einrichtung des
Sounds dauerten fast eine Stunde. Wir spielten zum Soundcheck ein paar Titel an und
bekamen von Uwes Frau die Rückmeldung, es klinge alles gut. Also spielten wir das
Programm durch. Nach zwölf Jahren ging es wieder mal richtig los mit immerhin 24
Titeln. Es wurde eine Mischung aus richtiger Probe und Durchlaufprobe. Wir hatten
Gäste, die am nächsten Tag nicht kommen konnten, uns aber trotzdem hören
wollten. Alle sagten, es klänge richtig gut. 'Klar', dachte ich: 'Laien! da
bekommst du nie eine richtige Rückmeldung.' Die Anspannung wollte einfach nicht
weichen. Ich hatte alles in allem kein schlechtes Gefühl, es fühlte sich gut
an auf der Bühne. Aber wie klang das nach vorn? Nach ca. vier Stunden waren wir
durch. Die Fingerkuppen spannten, der Hals drohte zu rebellieren, Rücken und
Hüfte jaulten über das verkrampfte Stehen an dem Gitarrenmikrofon. Ich wollte
schon in mich zusammensacken, da kam es fast wie ein Befehl von Uwe: "Los, wir spielen
nochmal die ersten beiden Titel. Ich will die mal aufnehmen und hören wie das
klingt!" Na dann wollen wir mal wieder ... Der erste Titel, von den Kinks "Death of a
clown", war akustisch gesetzt. Also nur 12-saiter und 6-saiter und dazu unsere zwei
Stimmen. Danach noch von den Lords den guten alten "Poor boy". Der war mit einer
Sequenzer-Begleitung unterlegt, also Drums, Bass und Keyboard wurde eingespielt. Wir
hatten noch die E-Gitarre und die 12-saiter dazu zu spielen und natürlich wieder
zu singen. Danach setzte ich mich erschöpft vor die Bühne. Uwe drückte
auf die Starttaste und in dem Moment wurden meine Augen riesengroß. Ungläubig
starrte ich Uwes Frau an und fragte sie: "Klang das vorhin genauso?" Und sie
bestätigte, dass es keinen Unterschied im Klang beim Spielen und bei der Wiedergabe
des Mitschnitts gab. Ich war ehrlich von den Socken. Uwe hatte einen Sound gezaubert,
den man im Studio kaum besser bekommt, rund, weich, trotzdem kraftvoll. Die einzelnen
Instrumente behielten ihre Charakteristik, der Sequenzer schepperte nichts zu und die
Stimmen kamen als Panorama exzellent rüber. Der Mann hat sich also in den letzten
zwölf Jahren zum Profi entwickelt! In diesem Moment fiel alle Sorge, alles
Lampenfieber von mir ab. Und es stellte sich selbst am nächsten Tag nicht mehr ein, was
für mich sehr ungewöhnlich ist.
Zum Konzert kamen etwa 20 Leute. Selbst der auf Seite 1 der "Rügener Zeitung"
(Lokalteil der Ostseezeitung für "Deutschlands größte Insel") abgedruckte
Artikel mit dem Hinweis auf das Konzert vermochte nicht, mehr Leute anzulocken. Aber das
war egal. Die Anwesenden hatten fast alle einen unmittelbaren Bezug zu dem Anlass oder zu
uns. Ich ging auf die Bühne, erklärte, was wir da warum machen wollen und bat
auch um Verständnis, dass uns ein paar Leute fehlen und dass wir lange nicht mehr
zusammen gespielt hatten. Natürlich verspielten wir uns, versangen wir uns,
verwechselten Textpassagen oder hatten falsche Zählzeiten. Aber das war egal. Die
beiden härtesten Kritiker die wir eingeladen hatten, meine Freundin und ein alter
Studienkollege, der von den ersten Tagen der Band sich bereits um die PR-Arbeit
gekümmert hatte, äußerten sich äußerst angetan und wohlwollend. Ich selbst
fühlte mich auf der Bühne so wohl, wie lange nicht mehr. Es war entspannt, es
war schön und ich stand neben einem echten Freund, der sich mit aller Kraft für diese
Sache mit eingesetzt hatte. Was will man mehr? Nach zweieinhalb Stunden verließen wir die
Bühne. Das Publikum hatte ein Einsehen. Bereits unsere zweite Zugabe mussten wir
improvisieren, weil wir nur eine vorbereitet hatten. Nach meinem wiederholten Hinweis,
dass es keine Zugaben mehr geben wird, ebbte der Beifall langsam ab. Wir sprachen noch mit
vielen und erhielten immer wieder den Wunsch, dass wir doch weiterhin zusammen spielen
sollten. Als uns dann der Verantwortliche vom eWerk noch fragte, ob wir denn nochmal in der
Besetzung kommen und auf einer anderen Bühne spielen könnten, sahen wir uns kurz
in die Augen. Dann ein Nicken. Wir sind damit zwar keine Band, aber zumindest ein festes
Projekt. Wann und wie es weitergeht, werden wir sehen. Dieses Jahr wird es nur noch bei
privaten Anlässen klappen, aber das nächste Jahr kommt bestimmt.
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